Problematischer Medienkonsum

Risikofaktoren und präventive Ansätze

Fortbildung | Workshop

In der Suchtprävention gilt die Stärkung der Kinder und der Familien, in der sie groß werden, als zentrales Motiv. Hierfür brauchen Heranwachsende ein sicheres Zuhause, Eltern, die sich liebevoll und mit Zeit ihren Kindern zuwenden und eine Kita bzw. Schule, in der sie sich wohl und bestätigt fühlen. Das gilt auch bei der Vorbeugung eines problematischen Medienkonsums. Da heute digitale Medien starken Einfluss auf alle Lebensbereiche der Kinder nehmen, gewinnt die Medienbildung und –erziehung an Bedeutung. Um Gefährdungen und Potentiale digitaler Medien zu erkennen, müssen Eltern in ihrer Medienerziehung gestärkt werden. Denn Medienkompetenz der Eltern ist in diesem Zusammenhang ein entscheidender Schutzfaktor und muss daher ausgebaut werden. Eine entwicklungsorientierte Medienbildung, die Medienvorlieben von Kindern erkennt und deren Potentiale für den Unterricht nutzt, könnte darüber hinaus in der Schule ein wichtiger protektiver Ansatz sein.

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Einfach nur zu viel oder abhängig?

 

Ein problematischer Medienkonsum lässt sich in drei Stufen unterteilen:

 

 

Riskanter Medienkonsum – hier wird durch einen phasenweise exzessiven Konsum der Anschluss an Familie, Freunde, Schule und Beruf riskiert.

 

Missbräuchlicher Medienkonsum - hier wird der Medienkonsum als inadäquate Stressbewältigung für soziale, schulische oder familiäre Probleme mehr oder weniger bewusst missbraucht.

 

Abhängiger Medienkonsum – der Medienkonsum steht im Mittelpunkt des Lebens der Betroffenen, alles dreht sich nur noch um die virtuelle Existenz. Das direkte soziale Umfeld wird stärk vernachlässigt, schulische oder berufliche Leistungs-anforderungen können oft nicht mehr in ausreichendem Maße erbracht werden.

Subtypen eines pathologischen Medienkonsums

 

Computerspielsucht:
Online Taktik Shooter, Onlinerollenspiele (MMORPG), Minigames, Konsolenspiele

 

Social-Media-Sucht:
WhatsApp, Facbook, Instant Messenger, Cyberaffaire

 

Cybersexabhängigkeit:
Pornobilder und -videos, Livecams, Cybersex

 

Früherkennung

Zur Einschätzung eines problematischen Medienkonsums von Eltern oder Lehrkräften können folgende Indikatoren beitragen: Leistungsrückgang in der Schule, Studium oder Beruf, wachsendes Desinteresse am eigenen sozialen Umfeld, Nachlassen von „offline“ Freizeitinteressen (z. B. Sport), auffallende Müdigkeit durch chronischen Schlafmangel, fahler Gesichtsausdruck, mangelnde Körperspannung, Gesprächsverweigerung bei Ansprache des Problems, aggressive, nervöse Reaktionen bei Computerentzug. Einem problematischen Medienkonsum sollte so früh wie möglich von Seiten der Eltern begegnet werden. Die Regulation des Medienkonsums der Kinder ist Sache der Familie und integraler Bestandteil der Medienerziehung. Diese Aufgabe kann nicht delegiert werden. Holen Sie sich bei Bedarf Hilfe und nehmen Sie örtliche Beratungsangebote zu diesem Thema wahr.

Individuelle Risikofaktoren

  • Hohe Medienbindung
    PC und Internet sind die Leitmedien; auf sie kann am wenigsten verzichtet werden, üppige Geräteausstattung schon in frühen Kindertagen, leichter und unbegrenzter Zugang zu Medien (z. B. im Kinderzimmer)
  • Vernachlässigung von Entwicklungsaufgaben
    Abnabelung vom Elternhaus und Übergang von Schule und Beruf misslingt, die Entwicklung der Sexualität stagniert, die Identitätsarbeit wird vernachlässigt, schwache Motivation selbständig zu werden
  • Mangelnde Selbstwirksamkeitsüberzeugung
    Geringer Glauben an sich selbst durch geringes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, Gefühl der Wertlosigkeit der eigenen Existenz bzw. Sinnlosigkeit des Lebens
  • Geringe Lebenszufriedenheit
    Mit zentralen Lebensbereichen unzufrieden, z. B. durch erlebte Einsamkeit, Isolation, Außenseiterrolle, Mangel an Erfolgserlebnissen, belastetes Familienklima
  • Kompensation realweltlicher Defizite
    Mehr oder weniger bewusste Stimmungsregulation (Mood Management) bzw. inadäquate Stressbewältigung (Coping) von Belastungen explizit durch intensiven Medienkonsum (z. B. Versagen in der Schule, Probleme in der Familie)
  • Psychische Störungen
    Narzistische Störungen, Depressionen und Angststörungen (Schulangst), extreme Schüchternheit, Hyperaktivität (ADHS), Impulskontrollstörung, Störungen durch psychotrope Substanzen (z. B. THC), Traumatisierung (z. B. elterliche Misshandlung)

Präventive Ansätze für Schulen

  • Förderung einer entwicklungsorientierten Medienbildung
    Betonung der Chancen digitaler Medien für Schule und Elternhaus für eine konstruktive Medienbildung und -erziehung
  • Starke Kinder durch universelle Präventionsprogramme
    Implementierung von primärpräventiven Programmen in den Schulalltag zur Vermittlung von Lebenskompetenzen, z. B. „Eigenständig werden“, „Klasse 2000“ oder „Erwachsen werden“
  • Ab der 7. Klasse selektive Präventionsprojekte mit Risikogruppen durchführen
    Risikokompetenzvermittlung durch zielgruppenorientierte Ansprache von Intensivnutzern diverser Medienangebote, z. B. handlungsorientierte Medienprojekte für männliche „Hardcorezocker“ oder weibliche Intensiv-Netzwerkerinnen
  • Beachtung der geschlechtsspezifischen Problematik
    Auseinandersetzung mit gendermainstream Ansätzen, geschlechtsspezifische Förderung von Jungen und Mädchen
  • Aufklärungsarbeit leisten durch Elternabende und Lehrerfortbildungen
    Vermittlung der digitalen Lebenswelten heutiger Jugendlicher, Aufklärung über Risiken der Mediennutzung und Jugendmedienschutz, Stärkung der Medienkompetenz der Lehrkräfte und Eltern
  • Symptome beobachten und ansprechen und handeln
    Früherkennung eines problematischen Medienkonsums (z. B. chronische Müdigkeit, plötzlich stark abfallende Noten, Verlust des Gruppenstatus in der Klasse etc.), Ansprache und gemeinsame Bearbeitung des Problems bzw. Vermittlung in weiterführende Hilfen